Backpacking im Rentner-Paradies – Eine Hommage an den Ohrid-See

Der Ohrid-See im Süden Mazedoniens ist wohl das Touristen-Hauptziel des Landes. Bei Backpackern steht das – am Ufer des Sees gelegene – Örtchen Ohrid bisher aber noch nicht all zu hoch im Kurs. Und so tummeln sich in den zahlreichen Kaffees und an der ausladenenden Promenade der Kleinstadt derzeit vornehmlich Golden-Agers.Warum  du dem Ohrid-See trotzdem einen Besuch abstatten solltest erfährst du hier:

Aber Backpacking im Rentner-Paradies? Muss das denn sein? Und ist da für uns junges Volk überhaupt etwas geboten? Für mich lautet die Antwort auf diese Frage in jedem Fall: Ja! Die Wahrheit ist aber die, unter den Rucksack-Touristen bin ich wohl einer der langweiligsten Reisenden, der je auf unserer schönen Erde unterwegs war. Und weißt du was? Ich steh dazu!

Um dir einen Eindruck vom Reise-Alltag an einem der ältesten Seen der Welt (UNESCO Weltkulturerbe) zu geben und um dir zu zeigen, warum langweilig manchmal gar nicht die schlechteste Option ist, habe ich dir mal zusammengeschrieben, wie (m)ein Tag am Ohrid-See in aller Regel aussah. Here we go:


Ein morgendlicher Besuch auf dem Markt:

Irgendwann zwischen 8 und 9 Uhr morgens heißt es Abschied nehmen vom süßen Land der Träume und „Guten Morgen, Ohrid!“. Wie in vielen Zimmern des Örtchens, steht auch uns eine Mini-Küche zur Verfügung. Für den dringend benötigten Kaffee müssen wir uns also gar nicht erst Salon-Fähig machen sondern können es uns in Flodder-Manier erst mal schön bequem auf der Terrasse breit machen. Nachdem der Kofein-Bedarf gedeckt und das Badezimmer dann doch irgendwann aufgesucht wurde, meldet sich langsam aber sich der Hunger. Sicher könnte man kostengünstig in eines der Cafés frühstücken gehen. Ich bevorzuge aber die kostengünstigere und schmackhaftere Variante: Der lokale Obst- und Gemüsemarkt.

Jeden Morgen ab etwa 8 Uhr öffnet er seine Pforten und zahlreiche Verkäufer lokaler Leckereien finden sich hier zusammen. Himbeeren, Kirschen, Aprikosen und unzählige weitere Obstsorten gibt es hier zum unschlagbar günstigen Preis und mit unsagbar leckerem Geschmack zu erwerben. Touristenpreise gibt es hier in aller Regel nicht und so kann man sich, durch die engen Gässchen des Marktes schlendern, nach Herzenslust austoben und sich nicht nur sein gesundes Frühstück sondern auch Snacks für den gesamten Tag zum kleinen Obolus zusammenstellen.


Mit dem Bummel-Boot nach St. Naum

Ohrid-See

Eine Seefahrt die ist lustig, eine Seefahrt die ist schön…..Mit dem Feriendampfer 1 ½ Stunden einmal quer über den See schippern? Vorbei am satten grün des Galicica-Nationalpark, den „schwimmenden“ Häusern und den mehr oder weniger luxuriösen Hotelanlagen mit Ostblock-Charme; während einem der Fahrtwind um die Nase weht, die zu 90% aus Golden-Agern bestehende Ausflugs-Gruppe fleißig Urlaubs-Fotos knipst und einem die Kommentare der Reiseleitung im unverständlichen Rauschen aus den bord-eigenen Lautsprechern entgegen schallt? Unbedingt!!

Was auf den ersten Blick vielleicht nach Kaffeefahrt klingt ist tatsächlich der Weg zu einem der absoluten Highlights des Ohrid-Sees. Das Kloster St. Naum liegt von Ohrid aus etwa 35 km weit entfernt auf der gegenüberliegenden Seite des Sees, nahe der albanischen Grenze. Eingelagert in eine hübsche Parkanlage, mit für die Region raren Sandstränden an denen zahlreich für das leibliche Wohl gesorgt wird, liegt die Kapelle des geschichtsträchtigen Kloster St Naum. Die heimlichen Stars der religiösen Stätte sind jedoch die zahlreichen Pfauen, die die Anlage ihr Zuhause nennen. Und so wundert es auch nicht, dass eben diese farbenfrohen Vögel auch zu den beliebtesten Fotomotiven des Örtchens gehören. Noch beeindruckender ist jedoch die angebotene Fahrt mit dem Ruderboot über den glasklaren Quellfluss des Sees. Weg vom touristischen Trubel direkt hinein in die Natur, die an dieser Stelle schon Teil des Galicica Nationalparks ist. Übrigens gehört das Kloster wie auch der gesamte Ohrid-See zum UNESCO-Weltkulturerbe.


Stundenlang auf einer Parkbank sitzen

Kommen wir zu meiner ganz persönlichen Paradedisziplin: Tatsächlich gestalten sich nämlich viele meiner Reise-Tage so, dass ich von einem hübschen Spot zum nächsten ziehe, mir irgendwo ein gemütliches Plätzchen suche und einfach nur die Szenerie genieße. Sei es die beeindruckende Landschaft, das geschäftige Treiben der Einwohner oder auch mal Surfer beim Wellenreiten – wenn der Moment passt, könnte ich Stundenlang einfach nur zusehen, in mich gehen und genießen.

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Für Ohrid bedeutet das kilometerlanges Flanieren entlang des Seeufers, um sich dann an einem der kleinen Strände oder einer der vielen kleinen Parkbänke und Mäuerchen zwischen Nüsschen-Verkäufern und Boots-Besitzern niederzulassen und einen ausschweifenden Blick auf das glasklare, türkis-schimmernde Wasser und das sich entlang des See-Ufers aufbäumende Galicica-Gebirge zu starten.

(Foto und Titelbild: Anja Grabinger)

Oder wie wäre es alternativ mit der Kapelle der St.John Kirche, die auf einer Anhöhe liegend einen gerade zu spektakulären Ausblick über die ewig weite Wasserfläche bietet? Im Schatten des weit-verzweigten Olivenbaums, in ruhe verweilend, einfach den Moment genießen und mit einem guten Buch in der Hand den stetigen Fluss der staunenden Besucher beobachten, während sich am Rande der Klippen ein Mundharmonika-Spieler niederlässt und seine Melodien gen Himmel aufsteigen lässt – für mich ein vollkommener Moment.


Nachmittags erst mal Käffchen

Ob dieses Verhaltensmuster nun wirklich ausschließlich dem älteren Semester zuzuschreiben ist oder ob es sich um ein Klischee handelt, dem die Mehrheit der gesamten deutschen Bevölkerung – vorwiegend Sonntags – nur all zu gerne nachkommt, vermag ich an dieser Stelle nicht zu sagen. In jedem Fall gehört das Phänomen von Kaffee und Kuchen (hier ohne Kuchen, dafür mit Smoothie) für mich genauso sehr zum Reise-Alltag wie der Rucksack auf meinem Rücken. Ein entspannter Zwischenstopp in einem der zahlreichen Kaffees Ohrids, um mir nach einem bisher vermutlich gar nicht mal so aufregenden Tag eine schöne Tasse Cappuccino zu gönnen.

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Und weil Wifi in Ohrid in vielen gastronomischen Einrichtungen zum Standard gehört, kann ich diese kleine Pause sogar noch mit Arbeit rechtfertigen. Immerhin wollen Besucherzahlen, E-Mails und Kommentare gecheckt werden, eine neues malerisches Bild auf Instagram geladen werden und ein kurzer Tweet, der die Welt über mein Wohlbefinden informieren soll, getätigt werden. (Übrigens: Wenn man jeden Tag in einem anderen Café mit Internet-Zugang residiert, schafft man sich automatisch ein fast flächendeckendes Netz im ganzen Städtchen.) Ansonsten lautet die Devise neuerlich: Einfach die Augen offen halten. Sei es der Horizont oder ein paar Kinder, die im eifrigen Wettbewerb stehen, wer es am öftesten schafft einen Stein übers Wasser hüpfen zu lassen, der Alltag passiert um dich herum und derjenige, der sich die Zeit nimmt zu beobachten wird auch am Meisten von der echten Kultur und dem wirklichen Gefühl eines Landes mitnehmen können.


Wandern im Galicica Nationalpark:

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(Foto und Titelbild:  Anja Grabinger)

Früher hätte ich ja noch lautstark dementiert, dass eines der liebsten Hobbies rüstiger, deutscher Rentner auch zu meinen liebsten Reisebeschäftigungen gehört. Es bedarf aber nur eines kurzen Blicks auf meine Reise-Historie und ich kann es nicht länger leugnen: Ich wandere. Das geht schon in der Stadt los. Am liebsten erkunde ich nämlich alles zu Fuß. Das mag zum einen vom Geiz getrieben sein – warum sollte ich denn auch fü jede Strecke einen Bus oder Taxi bezahlen? – zum anderen aber auch, weil ich meine Umgebung so viel aktiver wahrnehmen kann. Aber auch die Naturschätze eines Landes wollen eingehend besichtigt werden uns so finde ich mich auf jeder Reise gewollt oder ungewollt immer mindestens auf einem Nature Trail oder dergleichen wieder. Was für andere ein entspannter Spaziergang, artet für mich – meinem wirklich unterirdischen Orientierungssinn geschuldet – dann aber eben meistens in ein kleines Abenteuer aus. Dass ich mich in der Botanik verfranze, ist für mich nämlich so gar keine Seltenheit.

Getreu diesem Motto stand in Ohrid – wie könnte es auch anders sein – das erlaufen des Galicica Nationalparks auf dem Plan. Vom Gipfel des Berges aus erstreckt sich der Blick nämlich nicht nur kilometerweit über den Ohrid-See sondern auch über den im benachbarten Tal liegenden Prespa-See. Auf dem Landweg etwa 20 Kilometer von Ohrid entfernt, ziemlich genau zwischen St Naum und Ohrid gelgen, ist der Park nicht direkt mit dem Bus zu erreichen. Der lokale Bus lässt einen vielmehr an der nächstmöglichen Haltestelle aussteigen und von dort aus geht es dann im 3 Kilometer langen Marsch zum Nationalpark-Zentrum. Da wir es aber geschafft haben uns schon auf diesem kurzen Stück zu verlaufen, entschieden wir uns gegen die einsamen Pfade des Berges und hielten uns an den 12 Kilometer langen Weg Richtung St Naum, der sich- durch kleine von Touristen unberührte Dörfchen führend – entlang des See-Panoramas schlängelt.


Der Natur der Sache entsprechend lässt sich am Ohrid-See natürlich auch jede Menge Zeit an einem der Strändchen verbringen: In aller Ruhe in der Sonne brutzeln, Früchte vom morgentlichen Marktebesuch vernaschen und wenn man dann doch mal ins Schwitzen gerät einfach die zwei Meter bis zum kühlen Nass überbrücken. Wer es dann doch abenteuerlicher mag, kann auch Tauchen, Kayaken oder – für die Adrenalin-Junkies unter uns – Paragliden.


Kulinarische Höhenflüge zum Abendessen

Ein weiteres kulinarisches Highlight stellt auf jeden Fall das Abendessen dar. Egal in welchem Land ich untwergs bin, das erschmecken der regionalen Köstlichkeiten steht für mich auf meiner To-Do-Liste auf jeden Fall ganz weit oben. Authentisches Essen lautet das Zauberwort. Wenn ich Standard-Burger, -Pizza und -Nudeln essen möchte, kann ich das auch zu Hause tun.

Und die mazedonische Landesküche sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen. Ein Mix aus türkischen und griechischen Einflüssen macht das typische Balkan-Essen zum echten Gaumenschmaus. Viel gegrilltes Fleisch, frische Salate, herrlicher Käse und so vieles mehr! Trotz seines touritsichen Charakters findet man in Ohrid doch zahlreiche Restaurants, in denen es sich zu günstigen Preisen so richtig schön schlemmen lässt. Wie überall sonst auf der Welt gilt auch in Ohrid:. Wandle etwas abseits der Hauptpfade. Was besonders chic aussieht und mit bester Lage glänzt, muss in aller Regel nämlich auch bezahlt werden und die Qualität des Essens ist häufig auch nicht sonderlich berauschend. In den kleineren etwas einfacheren Lokalen gibt es hingegen umwerfende Hausmannskost zum kleinen Preis. Ein Abendessen inklusive Getränk gibt es immerhin schon zwischen fünf und sieben Euro. Um dem kulinarischen Erlebnis noch den letzten Schliff zu verpassen, geht es im Anschluss schnurstracks zu einer der vielen Eisdielen, an denen man -für weniger als 50 Cent pro Kugel – aus den verschiedensten Sorten wählen kann.


Um 22:00 ist Schlafenszeit

Wilde Party-Nächte, gemeinsam mit dem halben Hostel losziehen und die Nacht zum Tage machen, sich die Birne mit lokalen Spirituosen oder billigem Gebräu aus Plastik-Bechern weg knallen? – nicht mein Ding. Gegen diese Art der Abendbeschäftigung sprechen für mich zwei Dinge: Zum einen fällt es mir schwer Anschluss zu finden und bei der Sorte partywütiger Backpacker will ich das zumeist auch gar nicht. Zweitens bin ich ein durch und durch verpenntes Wesen. Etwas trinken gehen, tanzen und Spaß haben, gerne! Meistens endet der Abend für mich aber dann um spätestens 2 Uhr nachts und ich sehne mich nach meinem Bett – das war und ist für mich in der Heimat schon immer so und gilt auch, wenn ich unterwegs bin. Außerdem funktioniert dieses erzwungene Spaß haben für mich nicht. Im Gegenteil, meistens langweilt es mich sogar und im Gegenzug für die durchzechte Nacht, komme ich dann am nächsten Tag nicht in die Puschen.

Cocktails

Auch an dieser Stelle steht Ohrid wieder sinnbildlich für meine präferierte Abendgestaltung. Nach dem leckeren Abendessen geht es mit gut gefülltem Bauch in Richtung der nächsten Cocktailbar. Mein Favorit: Die Cuba Libre Cocktail Bar, die vom Zentrum aus binnen eines 1,5 Kilometer langen Verdauungs-Spaziergang zu erreichen ist. Im Gegensatz zu den direkt neben dem Hafen gelegenen Nobel-Schuppen, schmecken die Cocktails hier und das obwohl die Bar ebenso am Ufer liegt und im Grunde genauso groß- und touristisch ist. Nach zwei (oder mehr) äußerst gut laufenden Mixgetränken mit ordentlich Wumms (man steht hier auf starken Alkohol), deren Genuss von einem atemberaubenden Sonnenuntergang ins richtige Licht gerückt wurde, wird dann der entspannte Heimweg angetreten und pünktlich um 22 Uhr (plus – minus) heißt es dann Schlafenszeit.

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Was lernen wir daraus? Auch im Rentner-Paradies lässt es sich hervorragend Reisen. Die Uhren ticken hier ein wenig langsamer und das ist auch gut so. Denn bei all dem Drang nach Neuem, nehme dir die Zeit auch mal inne zu halten und wirklich wahrzunehmen, was da um dich herum passiert. Denn wie ich immer predige: Wer beim Reisen nur von einem Ort zum nächsten hetzt, hat zwar alles gesehen, aber am Ende nichts erlebt.

Und was noch viel wichtiger ist: Hör nicht auf das, was andere dir Sagen , auch nicht auf mich ;). Denn es gibt kein richtiges und falsches Reisen. Richtig ist letztlich nur womit du dich wohl fühlst, also fange einfach mal an „zero Fucks“ zu geben und mach wozu du Lust hast! Es ist dein Leben, deine Reise und damit auch dein ganz eigenes Abenteuer. Also steh dazu!


Ich hoffe ich konnte dir einen Eindruck von der Schönheit des Ohrid-Sees geben. Wie sieht es mit deiner Art zu Reisen aus? Bist du auch eher der gemächliche Typ oder brauchst du beinharte Action? Erzähl mir deine Präferenzen! Hast du noch Fragen zu Ohrid, warst du selbst schon einmal dort oder sonstige Anmerkungen? Immer rein damit in die Kommentare! Ich freue mich von dir zu hören.


3 Comments

  1. Vielen Dank für diesen interessanten Artikel! Ich fahre in ein paar Wochen nach Mazedonien und finde deine Tipps und Berichte super!
    Liebe Grüße, Christina

    • Liebe Christina,

      Danke für das Kompliment und ich wünsche dir eine ganz ganz tolle Zeit in Mazedonien! Ich hoffe dich kann das kleine Land ebenso sehr begeistern, wie mich 🙂

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